Lange war die Anzahl der Muslime sehr gering, jetzt öffnet Madagaskar seine Grenzen

Über die Verbreitung des Islam auf der Insel Madagaskar

von Raymond Rambatoson SJ

Die Entwicklung fand gleich statt, nachdem der über 18 Jahre lang (1973-1991) regierende Didier RATSIRAKA 1996 wieder gewählt wird. Nun erhält das Volk Einblick in die bizarre, zwiespältige Welt dieser Demokratischen Humanen Republik von Madagaskar (République Démocratique et Humaniste de Madagascar).

Einerseits herrscht die Konkurrenz zwischen Regierung und Kirche, andererseits sind verschiedene Sekten und auch der Islam zugelassen. Die christliche Kirche, soll sich - so die Regierung - auf ihre eigentliche Aufgabe beschränken: die Vermittlung des Glaubens im Gebet. Doch die Kirche setzt sich für die Entwicklung des Landes und der Menschen selbst ein, für Gerechtigkeit und Frieden und Armutsbekämpfung bis an die Wurzeln um die wichtigsten Ziele zu nennen. Insbesondere die Infrastrukturen auf dem Land werden durch die Kirche geprägt. Schulen und Krankenstation sowie die Landwirtschaft sollen den Familienzusammenhalt fördern.

Konkurrenz zwischen Kirchen und Staat

Das Volk ist froh über die Leistung der über 3000 christlichen Schulen. Das hat jedoch zur absurden Folge, dass die Regierung diesen Erfolg der Kirche missbilligt, aus Angst vor deren fortdauernden und wachsenden Einfluss. Staatliche Schulen, die kurzerhand neben kirchlichen Schulen neu errichtet werden, heuern deren Lehrer pünktlich zu Schuljahresbeginn an und locken diese mit hohen Gehältern in den Unterricht. Dies mit dem Ergebnis, dass der Unmut der Geistlichen auf dem Lande aufgrund der alljährlichen Suche nach neuen Lehrern wächst, da den Schulen mangels Lehrpersonal sonst die Schließung droht. Zum Ärgernis trägt ebenfalls bei, dass in jenen staatlichen Schulen extreme Arbeitszeitverkürzung herrscht: drei Wochen Unterricht und die vierte Woche dient dem Abholen des Monatslohns im naheliegenden Städtchen.

Medikamente gegen Zollgebühren

Genauso handelt die Regierung gegenüber christlichen Krankenstationen. Die Anwendung aus dem Ausland eingeführter Medikamente ist nur dann erlaubt, wenn zuvor die horrenden Zollgebühren entrichtet wurden. Falls nicht, so werden die vom Staat beschlagnahmten Medikamente bei staatlichen Krankenstationen angewendet und verkauft. Doch die Armen, die es sich nicht leisten können die hohen Preise für Medikamente zu zahlen, werden unter diesen Umständen nicht gut oder teilweise gar nicht behandelt, von der unwürdigen Behandlung durch ärztliches Personal ganz zu schweigen. So bleiben die Kranken aus ärmeren Bevölkerungsschichten den Krankenstationen fern.

Aus all diesen Faktoren resultieren die Zerstörung des Familienzusammenhaltes, die Landflucht und die zunehmende Verarmung in den großen Städten. Pater Jacques TRONCHON (OFM) und Bruder Michel HUBERT (SJ) empfangen solch arme Familien in ihrem Haus CASA-FOYER DE VIE und kümmern sich um sie. Dort wird dann erörtert, ob sie bereit sind auf dem Land zu leben und zu arbeiten. Der Orden der Franziskaner Jugend (Jeunesse Franciscaine) unterstützt sie dabei.

Glaube, Gerechtigkeit, Heiligkeit

Die Doppelmoral der staatlichen Führungskräfte ist Zündstoff für das Volk, insbesondere für die Jugend, die mit dem Präsident RAVALOMANANA Marc und dessen Zielen sympathisiert: Glaube, Gerechtigkeit und Heiligkeit lauten sein Credo - die Verbesserung der Infrastruktur auf dem Land und die Armutsbekämpfung. Sein Motto: "Fürchtet Euch nicht, glaubet nur" (Mk 5,36). Die Regierung hat im Konkurrenzkampf gegen die Kirche versagt. Ihr Ziel, den Einfluss der Kirche durch die Vernichtung bestehender Infrastrukturen zu zerstören, bleibt bestehen.

Während sich die Sekten auf dem Land verteilen, wo sie ihre eigenen Infrastrukturen bauen, lassen sich die Islamisten in Großstädten nieder: Moscheen muslimische Schulen und Krankenhäuser schießen wie Pilze aus dem Boden. Der Anteil der islamischen Bevölkerung auf Madagaskar hat sich in den letzten 5-6 Jahren um 10% gesteigert. Sie kommen aus verschiedenen Länder: Algerien, Pakistan, Indien, Komoren, Iran etc.

Der neue Pakt des alten Präsidenten

Nach dem Attentat von 11. September 2001 beteten die Christen, Islamisten und Sekten gemeinsam für den Frieden. Der damalige Präsident rief alle Religionen auf, einen "Pakt" zu schließen. Doch weder die Sekten noch die Islamisten waren und sind sich bis heute nicht einig, und allmählich beginnt das Volk zu verstehen, was sich hinter dieser Aufforderung verbirgt: Plötzlich wird tonnenweise Reis aus Pakistan eingeführt, das zu Billigpreisen an die arme Bevölkerung verkauft wird, um somit ihre Stimmen für die Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Militärische Flugzeuge aus Algerien landete in Toamasina, nachdem Ratsiraka durch seine Anhänger Blockaden errichtet hat, um die Hauptstadt zu isolieren. Radio- und Fernsehstationen werden von Technikern aus Algerien installiert. In den Provinzen werden Gewaltverherrlichende Filme ausgestrahlt. Diese dienen der Vorbereitung auf den Krieg gegen die Fremden, besonders die "Hochländer" insbesondere aus den Gebieten Antananarivo, Fianarantsoa. Die ausgebildete Miliz terrorisiert das Volk. Waffen werden geliefert. Ein Halbpakistani, namens Doudoul, soll den Auftrag erhalten haben, die Anhänger von Marc RAVALOMANANA zu entführen und foltern.

Dieser setzt sich seit seiner Vereidigung am 6. Mai 2002 verstärkt für die Bekämpfung des Terrorismus und Korruption ein und forderte unlängst den libyschen Präsidenten auf, die Beziehungen zu Algerien und Pakistan aufzulösen.

Weitere Informationen finden Sie ebenfalls unter www.madagasikara.de

Bergisch-Gladbach, 31.05.2002